Es ist wieder diese Zeit des Jahres - das Jahresende rückt näher und die Beurteilung der Performance der Mitarbeitenden steht an. Diese Aufgabe erfordert von den Vorgesetzten oft die Bewertung zahlreicher individueller Leistungs- und Verhaltensziele, die ggf. zu einer Gesamtnote zusammengefasst werden. Diese Note beeinflusst in der Regel die Höhe des Jahresbonus. Der mühsame Prozess kann zu einer reinen Pflichtübung werden, bei der kaum eine differenzierte Leistungsbewertung stattfindet und der jährliche Bonus kaum variiert. Viele Mitarbeitende erhalten zudem einen so niedrigen Bonus, dass die Frage nach dem Sinn der Bewertung aufkommt. Das kann nicht nur die Motivation der Vorgesetzten, sondern auch der Mitarbeitenden beeinträchtigen, da sie ihre Leistungen nicht angemessen gewürdigt sehen und der Bonus keine Anreize für herausragende Leistungen bietet.
Viele Banken erwägen deshalb, den Bonus für die meisten Mitarbeitenden zu reduzieren, in Richtung eines 13. Monatsgehaltes umzugestalten oder sogar ganz abzuschaffen. Ein Beispiel hierfür ist die Migrosbank, die bereits vor Jahren den Bonus für ihre Mitarbeitenden und die Geschäftsleitung gestrichen hat. Auch andere Banken prüfen ähnliche Massnahmen. Die Raiffeisenbank hat beispielsweise die individuellen Boni für alle Mitarbeitenden gestrichen und setzt nun verstärkt auf kollektive Teamleistungen. Diese Diskussionen erstrecken sich auch auf die Politik, wo verschiedene Motionen zur Abschaffung von Boni und Gehaltsbegrenzungen in den jeweiligen Kammern diskutiert werden.
Zunächst mag ein reines Fixlohnsystem auf den ersten Blick motivierend wirken, da es eine klare Trennung zwischen der individuellen Leistungsbewertung und dem Geld schafft. Unabhängig von seiner individuellen Leistung erhält der Mitarbeitende jeden Monat ein Fixsalär auf sein Konto überwiesen.
Wenn zudem das Performance Management zu einem kontinuierlichen Dialog ausgebaut wird, kann sich die Bank auf die Entwicklung der Mitarbeitenden konzentrieren, ohne von Bonusentscheidungen beeinflusst zu werden. Auf den zweiten Blick allerdings gibt es einige Aspekte, die man bei der Einführung von reinen Fixlohnsystemen beachten sollte.
Die Implementierung eines reinen Fixlohnsystems führt zwangsläufig zu erhöhten Fixkosten. Dies geschieht in der Regel, indem ein erheblicher Teil des Bonus direkt in das Grundgehalt integriert wird. Fixkosten sind bekanntlich unabhängig von der Gewinnentwicklung. Das bedeutet, selbst wenn der Gewinn steigt und die Mitarbeitenden hervorragende Arbeit leisten, bleibt das Gehalt unverändert. Umgekehrt gilt dasselbe: Wenn die Gewinne sinken, kann das Gehalt nicht angepasst werden, und es kommt früher oder später zu Diskussionen über mögliche Mitarbeiterkürzungen.
Dies kann erheblichen Einfluss auf die Kultur einer Bank haben. In der Vergangenheit wurden die Mitarbeitenden oft als integraler Bestandteil der "Bankenfamilie" betrachtet, doch jetzt muss möglicherweise über eine Trennung nachgedacht werden, selbst wenn die Mitarbeitenden gute Arbeit geleistet haben.
Die Erwartung an Mitarbeitende, unternehmerisch zu denken, ist in Banken weit verbreitet, da Banken Risiken eingehen, die oft durch individuelle Entscheidungen der Mitarbeitenden beeinflusst werden. Das Ziel besteht darin, die Mitarbeitenden zu ermutigen, angemessene Risiken einzugehen, um das Risiko eines Bankenkollaps zu minimieren. Aber bieten Fixlohnsysteme Anreize für solche risikobewussten Entscheidungen? Auch hier bleibt das Fixgehalt unverändert, unabhängig von den eingegangenen Risiken.
Der Unternehmenswert einer Bank, der sich im Aktienkurs widerspiegelt, wird jedoch stark von den eingegangenen Risiken beeinflusst. In Fixlohnsystemen trägt der Eigentümer daher das volle Risiko, da Schwankungen im Unternehmenswert keine Auswirkungen auf die Vergütung der Mitarbeitenden haben. Dies führt kulturell zu einer Diskrepanz der Interessen zwischen Eigentümern und Mitarbeitenden.
Bekanntlich fordert der Mitarbeitende Wertschätzung in Form von Feedback, Entwicklung und Vergütung. Wie bereits oben ausgeführt, findet bei reinen Fixlohnsystemen eine Trennung zwischen Feedback, Entwicklung auf der einen Seite und Vergütung auf der anderen Seite statt. Der Fixlohn an sich spiegelt eine Anerkennung für die erbrachte Arbeit innerhalb der festgelegten Arbeitszeit wider. Dieser Lohn wird in der Regel differenziert, basierend auf Faktoren wie Alter, Kompetenzen und Betriebszugehörigkeit. Mit steigenden Erfahrungen, Kompetenzen und Verantwortung der Mitarbeitenden steigt auch ihr Gehalt. Jedoch können Überstunden oder zusätzliche Arbeitsbelastung nur durch zusätzliche Benefitsprogramme ausgeglichen werden.
In diesem Zusammenhang spielt natürlich auch die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden eine Rolle, ob sie bereit sind, über das erwartete Mass hinaus zusätzliche Leistungen zu erbringen. Faktoren wie eine angemessene Work-Life-Balance, das Arbeitsklima und die Sinnhaftigkeit der Arbeit tragen wesentlich zur intrinsischen Motivation bei. Daher ist es von kultureller Bedeutung, die intrinsische Motivation in reinen Fixlohnsystemen zu steigern, um die Bindung der Mitarbeitenden an die Bank zu festigen.
Die oben beschriebene Differenzierung hat ihre Grenzen. Was passiert, wenn zwei Mitarbeitende mit gleicher Verantwortung, Alter und Erfahrung ihre Aufgaben mit unterschiedlicher Qualität erfüllen? Wenn dies wiederholt geschieht, wird der Mitarbeitende mit besserer Leistung schliesslich von seinem Vorgesetzten einen höheren Lohn fordern, um seine herausragende Leistung anzuerkennen. Die Erhöhung des Fixlohns, um dieser Forderung nachzukommen, resultiert in höheren Fixkosten. Gleichzeitig ist es schwierig, den Fixlohn zu reduzieren, wenn die Leistung des Mitarbeitenden einmal nachlässt. Was noch wichtiger ist: Wenn individuelle Leistung und Verhalten im Fixlohn berücksichtigt werden, verlagert sich die oft unangenehme Diskussion über die Leistungsbeurteilung eines Mitarbeitenden in den Bereich des Fixlohns.
Dies kann zu Demotivation führen und kulturell zu einer Mentalität des "Einzelkämpfertums". Daher sollte die Differenzierung nach Leistung ausserhalb des Fixlohnsystems stattfinden: Individuelle Leistung und Verhalten sollten im Rahmen des Performance Managements bewertet werden, während Gruppen- und Teamleistung durch eine Erfolgsbeteiligung honoriert werden kann.
Das Gleichheitsgesetz in der Schweiz fordert Lohngleichheit zwischen Mann und Frau bei vergleichbarer Qualifikation. Ein Fixlohnsystem auf Basis einer konsistenten Jobarchitektur, die das “Internal Equity” angemessen reflektiert, kann dies durchaus gewährleisten. Zum Beispiel können die Lohnbänder einer bestimmten Funktionsgruppe intern transparent offengelegt werden. Dadurch erhalten Mitarbeitende Einblick in ihre Position und können ihre berufliche Entwicklung innerhalb der Bank besser planen.
Solange Leistung und Verhalten nicht in das Fixlohnsystem einbezogen werden, kann diese Transparenz besonders zur Förderung des Gleichheitsprinzips beitragen. Andernfalls wäre davon abzuraten, da dies zu öffentlichen Diskussionen über die Leistung anderer führen könnte. Kulturell gesehen würde dies eher zu "Wir nebeneinander" führen.
Die Eignung eines reinen Fixlohnsystems für den Bankensektor sollte je nach Situation sorgfältig geprüft werden. Dieser Ansatz hat zweifellos seine Vorteile, da er:
- Die Trennung zwischen Vergütung und Entwicklung des Mitarbeitenden ermöglicht.
- Unter den richtigen Bedingungen die Wertschätzung der Mitarbeitenden fördert.
- Die Fairness in Bezug auf die Lohngleichheit steigert.
Andererseits hat dieser Ansatz auch seine Nachteile, da er:
- Die Flexibilität durch die Fixkostenentwicklung einschränkt.
- Das Alignment der Mitarbeitenden mit dem Eigentümer vernachlässigt.
- Den Beitrag der Mitarbeitenden zum Unternehmenserfolg ausser Acht lässt.

Um diesen Nachteilen entgegenzuwirken, sollten reine Fixlohnsysteme durch eine Erfolgsbeteiligung ergänzt werden. Die variable Vergütung in Form einer Erfolgsbeteiligung schafft nicht nur Übereinstimmung mit den Interessen des Eigentümers, sondern ermöglicht auch die Anpassung der Gesamtvergütung eines Mitarbeitenden entsprechend der Gewinnentwicklung der Bank. Auf diese Weise wird der Leistungsbeitrag zum Gruppen- oder Teamerfolg in die Erfolgsbeteiligung einbezogen, während die individuelle Leistung und das Verhalten im Performance Management System bewertet wird. Dies fördert ein "Wir gemeinsam" und bewahrt die Trennung zwischen Führung und Vergütung. Somit kann Motivation durch Fixlohnsysteme funktionieren, es erfordert jedoch die richtigen Zusatzinstrumente.